Aus früheren Ausgaben der SZBZ
Schilderungen von Schicksalen, in denen der Verein “Nachbarn in Not” helfen konnte.
Folgenden Text konnten Sie am 29.11.2013 in der SZBZ lesen:
In einem jungen Leben viel mitgemacht
Von Renate Lück
Paula M. hat in ihrem jungen Leben schon viel mitgemacht. Um ihr wenigstens den Schulweg ein bisschen zu ebnen, half „Nachbarn in Not“ mit Geld für einen Taschenrechner und ein Schlafsofa.
Als Paula noch ganz klein war, verließ ihre Mutter die Familie. Deshalb wuchs sie abwechselnd beim Vater und dessen Lebensgefährtin und bei der Großmutter auf. Als sie 16 Jahre alt war, starb ihr Vater nach einer qualvollen Zeit mit vielen Krankenhausaufenthalten an Leukämie. Besonders die Zeit kurz vor seinem Tod war für alle in der Familie sehr schmerzhaft und belastet Paula noch jetzt. Bei der Stiefmutter konnte sie nicht bleiben, weil die selbst mit ihrer Gesundheit schwer zu kämpfen hatte. Außerdem musste sie noch ein kleines Kind versorgen. So siedelte Paula fest zur Oma über, die ihr ja vertraut war. Doch dann kam der nächste Schicksalsschlag: Die Großmutter hatte bei Schlecker gearbeitet und wurde ebenso entlassen wie alle anderen. Nun versucht sie, sich mit Putzstellen durchzuhangeln. Doch ob sie das noch lange körperlich durchhält, bezweifelt die Sozialarbeiterin, die die Familie betreut.
Aber Paula will ihre Ausbildung fertig machen und braucht in der Schule einen Taschenrechner samt Handbuch. Das Jobcenter zahlt aber nur einen Pauschalbetrag, der gerade für die Hefte und das Nötigste reicht. Außerdem ist in ihrem Bett der Lattenrost gebrochen. Die Großmutter hat erst einmal eine Decke druntergelegt, doch auf die Dauer ist das für die Jugendliche keine Lösung. Deshalb schlug die Sozialarbeiterin ein Schlafsofa vor, das in der kleinen Wohnung Platz hätte, und fand auch ein preiswertes Möbelstück. Mit der Hilfe von „Nachbarn in Not“ können Paula und ihre Oma nun wenigstens ein bisschen entspannter der Weihnachtszeit entgegengehen.
Folgenden Text konnten Sie am 14.11.2013 in der SZBZ lesen:
Leben mit Sorgen und Schmerzen
Von Renate Lück
Arme werden schlimmer krank - das scheint oft zu stimmen. Denn Dagmar P. ist mit 52 Jahren so kaputt, dass sie sich nur mit dem Rollstuhl fortbewegen kann. Dabei lebt noch ein Kind im Haushalt.
Fünf Kinder hat Dagmar P. großgezogen, wobei es manchmal auch noch in der Ehe knirschte. Nun sind zwei selbstständig mit eigenen Kindern, zwei außer Haus, aber arbeitslos. Sie leben von Arbeitslosengeld II. Die Jüngste geht in die 10. Klasse und hilft der Mutter so viel sie kann. Das Geld war in der Familie P. immer sehr knapp und wenn mal etwas übrig blieb, wurde es für die Kinder verwendet. Die Mutter dachte selten an sich selbst. Seit vielen Jahren leidet sie unter chronischem Asthma. Vor zwei Jahren erlitt sie plötzlich einen Lungeninfarkt und wurde im Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Der Notarzt setzte noch auf der Fahrt einen Luftröhrenschnitt, sonst wäre sie gestorben. Anschließend lag sie sieben Wochen im Koma. Seitdem hat sie immer ein Sauerstoffgerät bei sich.
Als ob ein Dilemma nicht reicht, plagen sie noch Diabetes und Arthrose. Mehr als ein paar Schritte kann sie nicht mehr laufen. Nun muss sie operiert werden und bekommt an beiden Beinen künstliche Kniegelenke. Anschließend ist mit sechs bis acht Wochen Reha-Aufenthalt zu rechnen, bis sie sich wieder bewegen und nach Hause kann. Da sie durch das Sitzen im Rollstuhl stark zugenommen hat, braucht Dagmar P. so ziemlich alles an Kleidung, was für Krankenhaus und Gymnastik beziehungsweise auch für draußen notwendig ist. Die Sozialarbeiterin, die die Familie betreut, bat deshalb „Nachbarn in Not“ zu helfen, denn der Ehemann bezieht nur eine kleine Altersrente.
Folgenden Text konnten Sie am 19.10.2013 in der SZBZ lesen:
Große Belastung für die Familie
Von Renate Lück
Immunschwäche eines Kleinkindes und Schimmel in der Küche passen nicht gut zusammen. Daniela N., die sich trotz klammen Geldbeutels sehr bemüht, ihrer Familie ein schönes Heim zu schaffen, war in dieser Situation überfordert.
Die Familie hat zwei Kinder. Das jüngere wurde mit einem Gen-Defekt und einem massiven Herzfehler geboren, weshalb es schon im Säuglingsalter operiert werden musste. Es ist zu 50 Prozent schwerstbehindert. Deshalb entwickelt es sich sehr langsam. Und wegen des schwachen Immunsystems ist Daniel häufig krank. Das ist zwar eine große Belastung für die Familie, aber sie kam über die Runden. Bis der Vater, der regelmäßig gearbeitet hatte, ins Gefängnis musste. Da wurde der Finanzrahmen sehr eng.
Daniela N. zog mit den Kindern in eine bezahlbare Wohnung und freute sich, dass sie die Küchenmöbel vom Vormieter übernehmen konnte. Doch dann stellte sich heraus, dass diese massiv von Schimmel befallen waren. Sie mussten unbedingt erneuert werden. Außerdem fehlte ihnen noch ein Kleiderschrank. Die Sachen standen lange Zeit, in Kartons verstaut, in der Wohnung, was den Spielraum der Kinder arg einschränkte. Die Betreuerin bat „Nachbarn in Not“ um Hilfe und die Bürgerorganisation gewährte einen Zuschuss.
Folgenden Text konnten Sie am 20.9.2013 in der SZBZ lesen:
Im Müll fast erstickt
Von Renate Lück
Auch einen kräftigen Mann haut es um, wenn das Schicksal nicht mehr so will. Es ist ja nicht nur seine Krankheit und die dadurch bedingte Arbeitslosigkeit, auch durch den Tod seiner Lebensgefährtin stürzte Ulrich T. in ein tiefes Loch.
Der frühere Fernfahrer Ulrich T. ist nierenkrank und muss dreimal in der Woche zur Dialyse. Er wartet sehnsüchtig auf eine Spenderniere. Arbeiten kann er so nicht mehr und hat deshalb eine Erwerbsminderungsrente beantragt. Die wurde abgelehnt. Solange der Widerspruch läuft, bekommt der vom Jobcenter Leistungen nach Hartz IV. Der 50-jährige lebt in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung. Er schläft auf dem Sofa. Nach dem Tod seiner Freundin war er so deprimiert, dass er nichts mehr auf die Reihe bekam. Er brachte die Wohnung nicht mehr in Ordnung, so dass sie ziemlich vermüllte. Auch die Küche machte auf die Sozialarbeiterin bei ihrem ersten Besuch einen äußerst desolaten Eindruck.
Sie stellte mit ihm einen Plan auf, in welchen konkreten Schritten die Wohnung wieder menschenwürdig hergerichtet werden kann. Als erstes wurde alles, was auf den Müll musste, zusammengeräumt. Das Jobcenter übernahm die Entsorgungskosten auf Darlehensbasis, aber die Gebühr je Sack Restmüll musste sofort bezahlt werden. Das brachte Ulrich T. schon mal ins Schleudern. Danach sollte er auch sein Zimmer frisch tapezieren und die Küche streichen. Woher nehmen?
Die Sozialarbeiterin bat „Nachbarn in Not“, die Kosten der Reorganisation etwas abzupuffern, damit die Motivation, sein Leben wieder in Gang zu bringen, nicht erlahme. Er muss ja noch die Kosten des Kleinunternehmers, der seinen Müll weggefahren hat, abstottern.
Folgenden Text konnten Sie am 21.8.2013 in der SZBZ lesen:
Zum Glauben gehört das Tun
Von Renate Lück
Draußen gießt es in Strömen, aber Barbara Schuhmacher-Deetjen, eine treue Nachbarn-in-Not-Spenderin, sitzt braun gebrannt in ihrem Wohnzimmer und erzählt fröhlich, wie sie zum Kunst- und Turmspringen gekommen ist - ein Sport, in dem sie Zweite bei Europameisterschaften und als 60-Jährige Vizeweltmeisterin der Seniorinnen in ihrer Altersklasse geworden ist.
Sie stamme aus Schwäbisch-Gmünd, wo ihr Großvater die Fachhochschule gründete. „Als Sechsjährige habe ich den Turmspringern zugeschaut und gefragt, ob sie mir das beibringen. Da haben sie gesagt: Na, zeig erst einmal, was du kannst. Als ich vom Einer rückwärts runtergesprungen bin, meinten sie: Mut hast Du ja. Und dann haben sie mit mir trainiert: 1 1/2 Salto vorwärts und 1 1/2 Salto rückwärts, 1 1/2 Auerbach und Schrauben.“ Das habe ihr unheimlich Freude gemacht und die Kameradschaft beim täglichen Training habe sie geprägt, „weil man die Angst überwinden muss. Wenn man zum Beispiel aufs Wasser knallt und es weh tut, muss man es gleich wieder machen.“ Es sei ein Sport, zu dem man nur einen Badeanzug braucht und keine große Ausrüstung. Durch die Wettkämpfe sei sie dann durch ganz Deutschland gekommen und sogar nach Norwegen und Italien.

Als Sportlehrerin am Pfarrwiesengymnasium war es ihr ein Anliegen, den Jugendlichen alle Schwimmarten so gut beizubringen, dass sie sie bis ins hohe Alter ausüben können. „Am meisten freut mich, wenn ich ehemalige Schülerinnen treffe, die mir sagen: Bei Ihnen haben wir schwimmen gelernt und es macht mir immer noch Freude.“ Die 73-Jährige geht täglich ins Freibad - „bei jedem Wetter“. Außerdem fährt sie mit Begeisterung Fahrrad - jeden Mittwochnachmittag mit der Mittleren Generation, wandert mit dem Schwarzwaldverein und spielt Tennis - „aber nur noch Doppel“. Außerdem ist Skifahren ihre große Leidenschaft. Und ins Fitness-Studio geht sie auch noch.
Aber die Frau, die als junge Lehrerin mal nach Australien auswanderte, sich dort drei Jahre lang mit verschiedenen Berufen über Wasser hielt und anschließend ein halbes Jahr um die Welt reiste, wobei ihr ihre sportliche Durchhaltekraft oft zugute kam, kümmert sich nicht nur um ihre eigene Gesundheit. Sie besucht Bewohner in der Burghalde, spielt bei den Andachten dort Klavier, hat ein Patenkind in Indonesien und spendet an drei karitative Einrichtungen sowie an „Nachbarn in Not“. „Ich finde es ganz wichtig, dass man an Bürger denkt, die bei uns in Not sind. Oft verstecken sie sich ja, weil sie sich schämen.“ Bei der Sindelfinger Hilfsorganisation schätze sie, dass mehrfach kontrolliert wird, ob die Menschen wirklich bedürftig sind, so dass das Geld an die richtigen Leute kommt. „Ich finde toll, wie Frau Dr. Seidel sich engagiert und sich alle Ehrenamtlichen einsetzen.“ Und ergänzt: „Mir ist wichtig, dass man sich für den Nächsten einsetzt. Nächstenliebe gehört zum Glauben - also nicht nur beten, sondern auch etwas Praktisches tun.“
Kleine Hilfe hat eine große Wirkung
Von Renate Lück
Bei kleinem Einkommen sind auch kleine Ausgaben schon viel. Erlebt hat dies Familie K. Wenn „Nachbarn in Not“ nicht geholfen hätte, würden die Kinder jetzt noch nach Luft schnappen.
Alexander und Marion K. haben sehr jung geheiratet und Kinder bekommen. Dadurch haperte es mit ihrer Schullaufbahn. Marion K. kümmerte sich um die Kinder, ihr Mann holte seine Ausbildung als Fachlagerist nach. Er strengte sich sehr an und bekam gute Noten, aber wenig Geld. Das Jobcenter half mit Leistungen nach Hartz IV. Problematisch wurde es durch die Asthma-Anfälle ihres ersten Kindes. Es war ein Frühchen und hatte die Krankheit wohl vom Vater geerbt. Die Ärzte behielten es nach der Geburt noch drei Monate im Krankenhaus, bis die Eltern so viel Routine entwickelt hatten, dass sie Emely durch Medikamente wieder zum Atmen bringen konnten. Aber anfällig und schwach blieb sie doch. Im Kindergarten, den sie inzwischen besucht, steckt sie sich immer wieder bei anderen Kindern an. Im Winter musste sie deshalb zweimal täglich ins Krankenhaus, um das Asthma zu stabilisieren.
Der Hals-, Nasen-Ohrenarzt empfahl deshalb, die Polypen und einen Teil der Mandeln zu entfernen. Die Teiloperation - eine generelle war aus medizinischen Gründen nicht möglich - bezahlt die Krankenkasse aber nicht. Die Zuzahlung brachte die Familie schon ins Schleudern. Schlimmer war noch, dass die Operation in Tübingen stattfinden musste, weil man da auf asthmatische Kinder spezialisiert ist. Die Fahrtkosten zur Voruntersuchung und zu den Besuchen konnten die Eltern schlicht nicht bezahlen. Die Sozialarbeiterin, die sie um Hilfe baten, stellte einen Antrag an „Nachbarn in Not“.
Gefragt, wie es der Familie jetzt gehe, antwortet sie: „Ich habe nichts mehr gehört. Das ist ein gutes Zeichen.“ Ein Anruf bei der Mutter bestätigte das. Freudestrahlend sagt sie: „Nach der Operation können wir alle besser schlafen, denn Emely hat so geschnarcht. Und mein Mann hat nun einen befristeten Vertrag bei einer guten Firma, nachdem seine Ausbildungsfirma in Insolvenz ging. Nun hoffen wir, dass er verlängert wird.“
Folgenden Text konnten Sie am 29.6.2013 in der SZBZ lesen:
“Ich wollte etwas Regionales”
Von Renate Lück
„Rock and Roll“, steht auf der Fußmatte vor der Tür. „Aber so ist das nicht gemeint“, sagt die Hausfrau. „Eher Heavy Metal“. Im Wohnzimmer steht noch eine schwarze Bassgitarre. „Ich habe es probiert, aber es ist nichts sehr Überzeugendes dabei herausgekommen. Es hat am Übungseifer gefehlt.“
Gunda Markert kam vor zwölf Jahren aus Rheinhessen nach Ehningen. Beruflich bedingt. Sie arbeitet bei IBM und ist als Produktmanagerin für Wartungsverträge verantwortlich. „Es war eine berufliche Umorientierung“, erzählt sie. In Mainz hatte sie schon bei der Firma eine Ausbildung gemacht und nun genießt sie Wald und Wiesen zwischen Sindelfingen und der Schwäbischen Alb. Seit einem Jahr hat sie nämlich den Führerschein fürs Motorrad und nun saust sie am Wochenende mal eben zu Freunden nach Hechingen oder Balingen. Ins Büro hat sie es nicht weit, aber da fährt sie mit dem Auto hin. „Ich könnte ja laufen. Aber der schwere Laptop und meine hohen Schuhe - eine Ausrede findet sich immer“, sagt sie und lacht.
Wie ist sie zu „Nachbarn in Not“ gekommen? Da muss sie überlegen: „Das ist schon so lange her.“ Dann führt die Grübelei zu der Erkenntnis: „Über die Zeitung. Ich suchte nach einer Möglichkeit, eine Organisation zu unterstützen, und wollte etwas Regionales. Die Schicksale, wenn Menschen von Krankheit betroffen sind, rühren mich immer an. Man kann schon viel in der Nähe tun.“
Die eigenen Hobbys kommen deshalb nicht zu kurz. „Heavy Metal“-Konzerte hört sie sich auf CDs an oder fährt zu Konzerten. „Manchmal fliegen wir auch zu Festivals“, erzählt die 46-Jährige. Im Internet fand sie nämlich Gleichgesinnte im Forum Rock Chicks. „Mit den Mädels hab ich schon viele Ausflüge gemacht nach Schweden, England und Italien.“ In einem bestimmten Alter bröckele der Bekanntenkreis weg, weil manche wegziehen und andere Kinder bekommen. Da sei es schön, im Internet Leute zu finden mit derselben Lebenseinstellung. „Früher hatte man kein Geld, heute gibt es einfach mehr Möglichkeiten.“
Um dann auch schick auszusehen, geht Gunda Markert zum Nähkurs in die Lange Straße nach Sindelfingen. „Manchmal nähe ich Business-Kleidung, manchmal etwas für die Freizeit, weil ich häufig nicht das finde, was mir gefällt. Und eigene Ideen kann ich auch noch verwirklichen.“ Die Ideen tauscht sie mit ihren Freundinnen aus, die auch alle nähen.
Folgenden Text konnten Sie am 8.6.2013 in der SZBZ lesen:
Wenn der Amtsschimmel Wiehert
Von Renate Lück
Auch wenn sich Bürger in Notlagen bemühen, sich selbst zu helfen, wiehert noch der Amtsschimmel und hält sich an Paragrafen. Das bringt psychisch angeschlagene Menschen noch weiter in Bedrängnis.
Familie K. hatte Ärger mit dem Vermieter, der ihr schließlich eine Räumungsklage schickte. Das traf sie besonders deshalb hart, weil gerade das lang ersehntes Baby auf die Welt gekommen war. Nach dem ersten Kind hatte Nicole K. drei Fehlgeburten erlitten und war froh, dass trotz der gesundheitlichen Schwierigkeiten alles glatt gelaufen war. Die Angst, nun obdachlos zu werden, machte sie ganz fertig. Sie suchten verzweifelt nach einer anderen Wohnung. Buchstäblich in letzter Minute fanden sie durch die Hilfe einer Freundin ein neues Zuhause. Aber die Kaution war ziemlich hoch. Nicole K., die gerade in Elternzeit ist, bat das Jobcenter um ein Darlehen. Dies wurde abgelehnt mit der Begründung, dass der Mietvertrag schon unterschrieben sei. Es könne nur ein Darlehen gewährt werden, wenn das noch nicht der Fall ist.
Auch der Umzug samt Renovierung und einiger Anschaffungen verschlang einen ziemlichen Batzen Geld. Daran knabbert die Familie noch. Der Lohn von Gerhardt K. als Zeitarbeiter in einer Fabrik plus Kinder- und Elterngeld reicht gerade so zum Leben. Während sich das Baby gut entwickelt, wurde der ältere Bruder depressiv. Als er sich selbst verletzte, wurde er in der Psychiatrie behandelt und wird, wenn er die weiterführende Schule besucht, in einem Internat leben. Davor hat Nicole K, Angst, denn sie fürchtet, dass er sich der Familie entfremdet.
Als ob das alles nicht schon an den Nerven zerrt, flatterte noch eine Mahnung ins Haus. Die Familie hatte ihre Stromrechnung seit zwei Monaten nicht zahlen können. Die Stadtwerke drohten an, den Strom abzustellen, wenn nicht sofort bezahlt würde. Alles Bitten um des Babys willen nutzte nichts. Das war dann für Gerhardt K. zu viel. Er packte seine Sachen und verschwand mit dem Hinweis an seine Frau, er benötige Abstand von der Familie.
Mitarbeiterinnen von „Familie am Start“ kümmern sich um Nicole K. und die Sozialarbeiterin im Rathaus bat „Nachbarn in Not“, ihr ein Darlehen über die Stromkosten zu geben. Ernst Gießler prüfte die Einnahmen und Ausgaben der Familie und gab ihr den Kredit, so dass die Schulden bei den Stadtwerken schnell beglichen werden konnten. Zurückzahlen kann Nicole K. das Geld in vier Raten.
Folgenden Text konnten Sie am 20.4.2013 in der SZBZ lesen:
Behinderung verursacht Kosten
Von Renate Lück
Dass behinderte Kinder mehr Zuwendung und Zeit brauchen, ist mittlerweile allgemein bekannt. Doch die rein praktische Versorgung kann eine Familie an die Grenze ihrer Finanzen bringen.
Gisela und Jochen F. haben drei Kinder. Die beiden Älteren gehen in die Realschule, aber die Jüngste ist schwerstbehindert. Sie kam mit sechs Fingern auf die Welt und wurde einen Tag nach der Geburt schon operiert. Auch am Bein musste wenige Jahren danach geschnitten werden. Julia ist ein fröhliches Mädchen und man merkt ihr auf den ersten Blick nicht an, dass sie auf dem Entwicklungsniveau eines dreijährigen Kindes stehen geblieben ist. Das irritiert auch Gleichaltrige in der Schule, die mit ihr arbeiten oder spielen wollen. Julia lebt in ihrer Welt und ist zufrieden damit.
Was die Mutter aber herumscheucht ist, dass ihre Jüngste wegen einer zusätzlichen Blasenfehlfunktion noch immer ins Bett macht. Das bedeutet bei fünf Personen zusätzliche Wäscheberge jeden Tag. Doch nicht das Waschen ist das Problem, sondern das Trocknen. Nachdem wegen Vandalismus die gemeinsame Waschküche des Hauses geschlossen wurde, steht der Familie nur ein Abstellraum ohne Fenster zur Verfügung. Der ist deshalb ziemlich feucht. Ein Wäschetrockner wäre die Lösung.
Aber da hapert’s am Geld. Bei Jochen F. wurde während einer Hüftoperation festgestellt, dass er Knochenkrebs hat. Eine Therapie half nicht mehr, das Bein wurde amputiert. Danach schätzte er sich glücklich, dass er wegen der Prothese einen leichteren Arbeitsplatz erhielt. Sechs Monate war er im Krankenhaus und in der Reha und erhielt in dieser Zeit nur Krankengeld auf der Basis von Kurzarbeit. Das riss ein ziemliches Loch ins Haushaltsbudget. Mit dem Kindergeld und dem Pflegegeld für Julia kommt die Familie gerade so über die Runden. Aber es bleibt nichts zum Sparen übrig. Die Sozialarbeiterin im Rathaus stellte deshalb einen Antrag an „Nachbarn in Not“ mit der Begründung, dass dieser Trockner erstens relativ groß sein müsste, damit die Bettdecke des Kindes in die Trommel hineinpasst, und zweitens für den Innenbereich zugelassen ist, weil der Abstellraum keine Lüftung ins Freie hat. Das dies notwendig ist, leuchtete dem Vorstand .
Folgenden Text konnten Sie am 6.4.2013 in der SZBZ lesen:
Neue Hoffnung für eine Familie
Von Renate Lück
Als ob Heiner S. nicht genug Probleme hätte, jetzt droht nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit die Festanstellung an seinem kaputten Auto zu scheitern.
Bis 2008 war die Welt für ihn in Ordnung. Da verlor Heiner S. wegen eines Bandscheibenvorfalls seine Stelle bei einer Autozulieferfirma. Ein Jahr später bekam seine Frau, die in einem Hotel arbeitete, so heftige Depressionen, dass sie immer wieder ins Krankenhaus musste und nicht mehr arbeiten konnte. Heiner S. ist sich sicher, dass dies mit der Arbeitslosigkeit und den dadurch verursachten dürftigen Lebensbedingungen zusammenhängt. Mit beiden Gehältern waren sie gut zurecht gekommen, obwohl sie noch den Vater bis zu seinem Tod gepflegt hatten. Aber das Arbeitslosengeld II und die manchmal widersinnigen Vorgaben des Jobcenters machten sie fertig.
Von seinen drei Kindern muss der Älteste demnächst an der Wirbelsäule operiert werden. Der zweite hat eine Lehrstelle, braucht aber wegen seiner Schwerhörigkeit ein Hörgerät, was bei arbeitslosen Eltern ziemlich ins Kontor schlägt. Nur die Jüngste hat keine Probleme, sondern kommt im September in die Realschule. Nun bekam Heiner S. eine Arbeitsstelle angeboten und war darüber sehr froh. Sie hat nur einen Haken: Er muss um vier Uhr früh in einer Landgemeinde sein, zu der um diese Zeit keine öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Doch sein Auto ist so defekt, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Ein anderes kann er sich zur Zeit nicht leisten. Und sein künftiger Arbeitgeber kann ihm auch keins zur Verfügung stellen.
In der Sorge um seine Familie, besonders um seine kranke Frau, will Heiner S. die Chance unbedingt ergreifen und bat deshalb „Nachbarn in Not“ um ein Darlehen, damit er ein gebrauchtes Auto kaufen kann. Finanzminister Ernst Gießler prüfte die Lage und lässt Heiner S. den Kredit in kleinen Beträgen abstottern. Damit ist einer ganzen Familie geholfen.
Folgenden Text konnten Sie am 2.3.2013 in der SZBZ lesen:
Ein Herz für Kinder
Von Renate Lück
Wer kennt nicht „Die Fremde aus der Stadt“ in der Mäulesmühle? Birgit Osuna ist auch eine der treuesten Spenderinnen für „Nachbarn in Not“.
Die geborene Münchnerin, die als Elfjährige mit ihren Eltern nach Stuttgart kam, ging auch dort zur Schauspielschule. „In Sindelfingen gab es damals eine Theatergruppe, mit der ich den ‘Kreidekreis’ von Klabund gespielt habe. Die Braigs suchten eine Frau für die Mäulesmühle und haben mich da gesehen. Als sie mich fragten, war ich 24 Jahre alt und Albin 18. Wir sind am längsten dabei“, erzählt sie und erinnert sich auch gern an Otto Braig. „Der hat manchmal die Viertele vom ersten Tisch getrunken. Und das Publikum hat mitgespielt und auf seine Frotzeleien geantwortet.“ Sie spielt immer noch mit, dreimal die Woche, 80 Vorstellungen im Jahr.

Ihre Brötchen verdient sie inzwischen hauptsächlich mit ihrem Reisebüro „Mallorca Aktiv“, mit dem sie für Radfahrer Trainingsveranstaltungen auf der Mittelmeerinsel, in Andalusien, Lanzerote und Zypern anbietet. Für 8000 Kunden jedes Frühjahr. „Mit meiner Firma habe ich auch schon 20. Geburtstag“, sagt sie ein bisschen stolz. In den Faschingsferien geht sie mit einem ihrer sechs Enkelkinder zum Skifahren und wenn der größte Ansturm vorbei ist, selbst in Urlaub. „Bevor meine Tochter Kinder hatte, flog ich mit ihr nach New York, Rom oder Wien. Das war schön. Aber nun genieße ich auch die Enkel von Sohn und Tochter.“
Kinder haben es ihr angetan. Als sie sich noch bei der Gerichtshilfe engagierte, trieb es sie besonders um, wenn die Kinder unter Urteilen gegen den Vater litten und ihre Mütter zusammenbrachen. Später kümmerte sie sich um Kinder in Leonberg und in Nepal finanziert sie einer Patentochter den Lebensunterhalt und inzwischen ein Studium. Durch viele Reisen in Russland hat sie ein Gespür für die Lebensverhältnisse auf dem Land und unterstützt Doris Epple vom Bodensee bei ihren Projekten dort.
Der Kinderschutzbund bekommt immer noch Spenden von Birgit Osuna und „Nachbarn in Not“ auch schon lange. Gelesen hatte sie über die Hilfsorganisation in der Sindelfinger Zeitung und sofort angeregt, dass auch die Kontonummern veröffentlicht werden. „Ich stehe dahinter und finde die Leistung der Frauen toll“, sagt die Unternehmerin, die in Renningen wohnt und ihre Agentur in Merklingen hat. Jedes Jahr kaufe sie beim Basar Socken für die ganze Familie und unterhalte sich dabei mit den Verkäuferinnen. „Die haben auch so schöne gestickte Karten und welche mit Blumen drauf“, schwärmt die 68-Jährige.
Folgenden Text konnten Sie am 5.2.2013 in der SZBZ lesen:
Statt neues Leben Trostlosigkeit
Von Renate Lück
Britta B. feierte vor Kurzem ihren 40. Geburtstag und wollte nach einer schweren Krebserkrankung mit all ihren Nachsorgeuntersuchungen und Vorbeugemaßnahmen gegen einen Rückfall in ein neues Leben durchstarten. Da schlug ihr die nächste Hiobsbotschaft die Beine weg.
Sie hat wieder Krebs. Durch eine weitere Operation, bei der Gewebe zur Untersuchung ins Labor geschickt wurde, kam es heraus: Metastasen haben sich in den Knochen festgesetzt. Und diese Art der Erkrankung ist nicht heilbar. Sie kann bestenfalls durch durch eine Hormon- und Chemotherapie verlangsamt werden. Jetzt kommt für die alleinerziehende Mutter noch der quälende Gedanke dazu, was aus ihren Kindern wird, wenn sie nicht mehr lebt. Die Älteste macht dieses Jahr Abitur.
Behandelt wird Britta B. in einer Spezialabteilung der Uniklinik in Heidelberg. Nicht genug damit, dass die Hartz IV-Empfängerin Probleme hat, ihre Fahrtkosten dorthin, die Medikamente und die wegen der Therapie notwendige Zahnbehandlung zu bezahlen - Letztere bezahlt die Krankenkasse nämlich nicht. Die Kinder brauchen neue Wintersachen und -schuhe, da sie aus allem herausgewachsen sind. Und das ist beim bestem Willen für sie nicht mehr machbar. Die betreuende Sozialarbeiterin bat „Nachbarn in Not“ deshalb um Unterstützung.
Folgenden Text konnten Sie am 5.1.2013 in der SZBZ lesen:
Schmerzen am ganzen Körper
Von Renate Lück
Werner B. ist gelernter Koch, doch mit seinen ganzen Krankheiten wird er geradezu zum Spezial-Diät-Küchenmeister. Da er nur für sich selbst sorgen muss, kann er dies auch einrichten. Wenn ihm bloß die Knochen nicht so weh täten.
Der von Haus aus gesellige Mann ging vor zwei Jahren zur psychiatrischen Beratungsstelle, weil ihn neben all seinen bisherigen Malaisen, wie Diabetes, Arthrose, Schlafapnoe und heftigem Sodbrennen, nun auch noch eine Nervenkrankheit plagt. Zudem leidet er unter chronischen Schmerzen am ganzen Körper, weshalb er eine Schmerztherapie absolviert und hochdosierte Medikamente einnehmen muss. An Arbeiten ist nicht mehr zu denken. Der 57-Jährige lebt von einer Erwerbsminderungsrente, die ihm nur eine winzige Ein-Zimmer-Wohnung erlaubt. Zum Glück hat er einen Balkon, auf dem er Küchenkräuter und Tomaten ziehen kann. Sein zweites Hobby ist Speckstein bearbeiten. Das hat er in einer Klinik kennengelernt und nun bemalt und formt er das Material nach seinen Ideen.
Doch körperliche Erleichterung verschafft ihm nur Bewegung im warmen Wasser des Hallenbads. Das leistet er sich ab und an einmal, denn mehr lässt sein Budget nicht zu. Werner B. braucht viel Geld für die Fahrten zu den Ärzten und medizinischen Behandlungen. Deshalb hatte die Beraterin die Idee, „Nachbarn in Not“ zu fragen, ob es nicht möglich wäre, ihm diesen Luxus zur Milderung seiner Schmerzen etwas öfter zu gestatten. Die Entscheidung fiel positiv aus: Werner B. bekam ein Mehrfachticket als Weihnachtsgeschenk und wird auf die Liste der Menschen gesetzt, die zweimal im Jahr besucht werden und dabei ein kleines Geldgeschenk erhalten.
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